Mein Kind ist ein Protest-Piesler!

Mein Kind ist ein Protest-Piesler!

Ein Kind in der Trotzphase (zwischen 2 und 5) kann viele verschiedene „Trotz-Gesichter“ haben. Manche spielen auch kleine Machtspielchen und kaschieren sie als Trotzanfall – der ja ein Gewitter im Kopf ist, für das das Kind nichts kann.

Zusätzlich zu den „Trotz-Typen“, die wir in unserem Buch „Der Trotzphasen-Survivalguide“ aus dem Kösel Verlag vorstellen, möchten wir euch heute den kleinen Protest-Piesler (oder auch: Protestpinkler) vorstellen. Ein Machtspiel, übrigens.

Es geht nicht, wie ich will? Upps!

Es gibt Kinder, die einnässen, wenn sie ihren Willen nicht bekommen oder nicht die Aufmerksamkeit, die sie gern hätten. Eine leise aber echt effektive Form des Protests!

Diagnose und “Behandlung” sind schwierig und sehr vorsichtig anzugehen, denn fast in der gesamten Trotzphase kann ein Kind (altersbedingt) nicht oder nicht immer seine Blase kontrollieren! Da sich Einnässen durch falsche Einwirkung auf das Kind verschlimmern kann, gehst Du diese Situation am besten mit Samthandschuhen an.
Das Vertrackte an diesem Verhalten ist, dass das Kind grundsätzlich am längeren Hebel sitzt. Ein Kind vom Typ „Widder“ (siehe unser Trotzbuch) kann zwar ein Einkaufszentrum in Wallung bringen durch Mordsgeschrei, aber das kannst Du cool aussitzen lernen. Und wenn der Trotzanfall verraucht ist, kannst Du normal mit Deinem Kind weitermachen.
Beim Protestpieseln kann das Machtspiel nicht in Nichts verrauchen, denn die Hose ist nass. Ob Du fürsorglich, wütend oder betont unbeteiligt sind: Das Kind kriegt Aufmerksamkeit, weil es schlecht den Rest des Tages in immer nasseren Klamotten rumlaufen kann. Und selbst wenn das nötig ist, weil alle Wechselklamotten schon dran glauben mussten, ist das nicht “business as usual”, denn wenn man eingenässt ist, geht man anders, alle gucken, im Auto kriegt man eine Plastiktüte untergelegt, die erstmal besorgt werden muss …

Vielleicht wirklich nur ein Unfall?

Ob unter 4 oder über 4: Es kann immer wieder passieren, dass ein an sich trockenes Kind bei Stress (körperlichem oder seelischem) oder Ablenkung einnässt. Das ist keine Absicht! Und selbst wenn Du Absicht vermutest, ist die erste Wahl immer, das Malheur so nebenbei wie möglich zu beseitigen. Zu großes Aufhebens verschlimmert die Situation nur!
Nässt Dein an sich trockenes 4- oder 5-jähriges Kind immer wieder ein, besonders tagsüber und in bestimmten Situationen (und nicht nur wenn das Spiel zu spannend war, um den “Druck” zu merken), solltest Du erst organische Ursachen abklären lassen und das Gespräch mit dem Kinderarzt suchen.

Bringt das keine Besserung in den nächsten Monaten, kann auch ein Gang zum Kinderpsychologen sinnvoll sein. Denn häufig ist Einnässen tagsüber eine Unsicherheitsreaktion — das Kind möchte (und bekommt) dadurch Aufmerksamkeit; möchte eventuell wieder zum Baby werden, das umsorgt wird. Gerade wenn kleine Geschwister vom Säuglings- ins Kleinkindalter wechseln kann der/die Erstgeborene zum “Protest-Pinkler” werden. Das sollte sich nach einer Weile aber geben.

Erste Hilfe

Problematisch ist: Man möchte dem Kind keinen Komplex mitgeben, aber das Einnässen möglichst abstellen, damit sich der (Kindergarten-)Alltag normalisiert.
Eine erste pragmatische Lösung kann sein, den Tagesablauf und das Trinkverhalten Deines Kindes zu beobachten (schriftlich) und dann zu einer Regelmäßigkeit zu steuern.
Denn laut Dr. Göbel/Dr. Glöckler (“Kindersprechstunde”) ist ein Einnässen tagsüber häufig zu beobachten bei “Dauer- und Freistil-Trinkern”. Die These der beiden Kinderärzte ist, dass wer nicht “von oben” einen Rhythmus einhält, nicht verlangen kann, dass sich dieser “unten” einstellt.
“Rhythmus” verlangt von Dir, dass Du Dir Gedanken um Trinkmengen und -zeitpunkte machst und dem Trinken festgelegte Klozeiten folgen. Vielleicht macht Dein Kind zunächst nichts, aber häufig siegt nach einiger Zeit die Macht der Gewohnheit.
Bei einem unregelmäßigen, hektischen Alltag kommt es häufiger vor, dass ein Kind zwar zum Trinken angehalten wird, aber nie “muss”, wenn Sie gerade an einem Klo vorbeikommen. Und wenn ein Protest-Piesler dann den Druck der Blase spürt, sucht er/sie sich eventuell eine möglichst “passende” Gelegenheit aus … Daher am besten Pufferzeiten einplanen, damit das Kind in der Nähe einer Toilette tatsächlich merkt, dass es muss. Auch mit den Kindergärtnerinnen über Tricks sprechen, die gut funktionieren!

Schamgefühle? Eher nicht

Viele Eltern gehen statt einem Trink-Training den Weg, das Einnässen so unattraktiv wie möglich zu machen. Eine Vorgehensweise: Scham und unangenehme Gefühle nutzen. “Ab jetzt gibt’s keine Wechselklamotten mehr.” Sprich: Wer sich einnässt, muss erstmal in der bepieselten Buchse rumlaufen. Und da das nicht so angenehm für andere Beteiligte ist, muss “leider” auch der Spielplatzbesuch, das Playdate beim besten Freund, … abgebrochen werden.
Die Eltern erhoffen sich einen Lerneffekt, da es physisch unangenehm ist, mit nasser Hose durch die Gegend zu laufen – ab dem Moment, wo das Pipi kalt wird. Es ist auch seelisch für ältere Kinder unangenehm, denn es ist ihnen peinlich.
Nachteil: Es lässt sich nur von Eltern durchziehen, die im Büro den Griffel fallen lassen können, um das Kind jederzeit vom Kindergarten abzuholen. Gleichzeitig bekommt das Kind damit ein ungeheures Machtinstrument an die Hand: “Ich muss mich nur einnässen, dann kommt Mama/Papa früher aus dem Büro und holt mich ab!”
Auch die Gefahr, dem Kind einen Komplex mitzugeben, ist hoch — es sollte eigentlich nie das Ziel sein, absichtlich sein Kind zu beschämen! Da Scham stark verunsichert und Verunsicherung eine der Hauptursachen für Einnässen bei an sich trockenen Kindern ist, kann man damit auch einen Teufelskreis auslösen!
Da ist es besser, das Kind selbst die eingenässten Klamotten mit möglichst wenig Aufhebens gegen eine trockene Hose tauschen zu lassen. Das kann auch die Kindergärtnerin anleiten; Mama bzw. Papa müssen nicht vor Ort sein.

Liebevoll, situationsbezogen begleiten

Begleitend zum Trinkrhythmus- und Klotraining kann man zwei verschiedene Ansätze fahren:

  1. Unsicherheitsfaktoren entfernen (sofern möglich) und dem Kind mehr Geborgenheit und Aufmerksamkeit geben. Zu Geborgenheit zählt auch ein sicherer, für das Kind vorhersehbarer Tagesablauf!
  2. Wenn der Protest-Piesler wieder so klein sein will wie ein Geschwisterchen, seine Unterschiede zum Geschwisterchen betonen. Aber das “groß sein” muss attraktiv erscheinen! Nicht mehr Pflichten/Selbstständigkeit betonen, sondern z. B. Accessoires freigeben oder schenken, die nur “große Kinder” verwenden dürfen zum Essen, Trinken, Pipi machen im Bad (!), Basteln, etc.

Unterstützende Mittel aus Homöopathie und Bachblüten

Aus der Homöopathie: Ignatia und Argentum Nitricum Mehr Informationen: siehe das Kapitel “Homöopathie für Kinder” in unserem Buch „Der Trotzphasen-Survivalguide„.

Eventuell passende Bachblüten:

  • Oak (um die Signale des Körpers besser wahrzunehmen)
  • Holly (gegen Eifersucht; speziell auch Ein- und Bettnässen aus Eifersucht)
  • Chicory (genau wie “Holly”, aber wenn das Einnässen eher berechnend wirkt)
  • Beech (gegen Frust)
  • Cherry Plum (innere Anspannung, Einnässen)
  • St. John’s Wort (Johanniskraut, von den Kalifornischen Essenzen) (hilft, mit unbekannten Situationen klarzukommen, gibt innere Ruhe, gibt Sicherheit, bewährt beim Ein- oder Bettnässen aus Verunsicherung)
  • Fairy Lantern, von den Kalifornischen Essenzen. Kann bei einer altersgemäßen Entwicklung helfen, gegen Hilflosigkeit, für “Nesthäkchen”

 

Mehr Tipps und Notfall-Tricks findet ihr in unserem Buch

Der Trotzphase Survivalguide

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